Zum 60. sollte es etwas Besonderes sein und da mein Vater ungemein gerne Geschichtsbücher und Bücher über ferne Länder liest bekam er eine Kreuzfahrt. Schiffsromantik, immer unterwegs, die Welt sehen, große Abenteuer erleben. Das allerdings nicht mit einem Cocktail Glas in der Hand und mit sanfter Untermalung durch den Pianisten, denn meinem Vater tut man weder mit Großveranstaltungen noch mit der klassischen Vorstellung von Entspannung einen Gefallen. Also entschieden wir uns ihn auf einem Frachtschiff einige Tage die Donau hinunter zu schicken. In Ulm ging’s los und von Wien aus dann mit dem Zug zurück.
Wir fanden die Idee gelungen, der Reisebericht meines Vaters war durchwachsen. Einerseits erzählt er immer noch gerne von seinen Erlebnissen bei der Frachtschiff Kreuzfahrt und bekommt leuchtende Augen, andererseits stehen ihm auch heute noch öfter bei diesen Geschichten die Haare zu Berge. Ein 60 jähriger Mann ist eben kein Huckelberry Finn mehr. Das Erlebnis selbst, der Lärm der Maschinen, die Kameradschaft der Mannschaft, die Freundlichkeit mit der er aufgenommen wurde, all das begeisterte meinen Vater. Zu schaffen machte ihm dagegen, dass sich an Bord eben doch Eigenheiten einschleichen, die mit Sicherheit auch von Schiff zu Schiff, Besatzung zu Besatzung unterschiedlich sind, aber eben doch gewöhnungsbedürftig sind und dem Passagier einges an Anpassungsvermögen abverlangen. Die Lotsenkabine war klein, es war laut, aber das Bett war bequem und die Gespräche mit der Besatzung spannend. Zu schaffen machte meinem Vater vielmehr die schlechte Ernährung, sodass er sich bereits am ersten Tag zum Schiffskoch ernannte, in der Küche putze und aus dem Vorhandenen etwas Essbares zauberte. In den nächsten Tagen gab es dann sogar seine berühmte Linsensuppe und ich glaube es hätte sich keiner beschwert, hätte er seinen “Urlaub” spontan verlängert – außer meiner Mutter natürlich.
Es mag die gleiche Route sein, aber die beiden Arten der Donau Flusskreuzfahrten sind nicht miteinander zu vergleichen. Die eine setzt auf Entspannung, Genuss, Romantik, Geselligkeit und Kultiviertheit während die andere einem viel Anpassungsvermögen abverlangt, aber eben auch nichts vorgaukelt. Man taucht in eine andere Welt ein, in der man auch mal anpacken muss, oder ein Auge zudrücken. Je nach den persönlichen Vorlieben ist aber gerade dieses völlige Eintauchen in ein anderes Leben die Erholung und der Abstand die die Reise zu einem wundervollen Erlebnis machen und dann doch entspannen, da sie den Blick auf das eigene Leben schärfen.
Mein Vater jedenfalls würde dieses Erlebnis nicht missen wollen, er hätte es allerdings gerne ein paar Jahre früher gemacht.
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